Schnapp macht das Krokodil 11FREUNDE

11FREUNDE #224

Für unser Juli-Heft haben wir den ehe­ma­ligen Bun­des­li­ga­stürmer Sean Dundee zum großen Kar­riere-Inter­view getroffen. Die Aus­gabe ist jetzt am Kiosk oder bei uns im Shop erhält­lich.

Sean Dundee ist der ulti­ma­tive Bei­nahe-Typ. Bei­nahe mal wäre er Pokal­sieger geworden, bei­nahe auch Tor­schüt­zen­könig, bei­nahe hätte er für die Bayern gespielt.

An einem Nach­mittag Ende Mai sitzt der ehe­ma­lige Profi in einem Café am Karls­ruher Haupt­bahnhof. Dann hast du es nicht weit“, hatte er geschrieben. Ein freund­li­cher Mann, 47 Jahre alt, der noch so aus­sieht wie früher, bei­nahe jeden­falls. Er trägt kurz­ge­scho­rene Haare, eine Hals­kette, Tribal-Tat­toos. Er scheint gut in Form zu sein, er könnte Wer­bung für Surf­boards oder Strand­mode machen, aber jetzt geht’s erst einmal um seine Kar­riere. Er ist unser Inter­view­partner für die Rubrik Der Fuß­ball, mein Leben und ich“. Und natür­lich spre­chen wir auch dar­über, wie er deut­scher Natio­nal­spieler wurde. Bei­nahe.

Es war Mitte der Neun­ziger, dem deut­schen Fuß­ball ging es ziem­lich mit­tel­mäßig. Franz Becken­bauer hatte nach dem WM-Tri­umph 1990 zwar ver­kündet, dass die DFB-Elf auf Jahre hinaus unschlagbar sein würde, dann aber wurde sie von Bul­ga­rien besiegt, 1:2 bei der WM 1994, Aus im Vier­tel­fi­nale. Was für eine Schmach. Rudi Völler und Karl-Heinz Riedle been­deten danach ihre Natio­nal­mann­schafts­kar­rieren, Stefan Kuntz und Jürgen Klins­mann waren schon über 30, und Ulf Kirsten spielte im DFB-Dress selten so stark wie im Verein. Wo waren die jungen Nach­wuchs­stürmer? Wer würde die Mann­schaft mit seinen Toren wieder in ein WM-Finale schießen?

In meinem Kin­der­zimmer hingen Poster von Häßler und Klins­mann.“

Sean Dundee, Südafrikaner und Deutschland-Fan

Sean Dundee, geboren und auf­ge­wachsen im süd­afri­ka­ni­schen Durban, war 1992 nach Deutsch­land gekommen. Ich war großer Fan des deut­schen und des eng­li­schen Fuß­balls“, sagt er. In meinem Kin­der­zimmer hingen Poster von Häßler und Klins­mann.“ Weil er aber beim Zweit­li­gisten Stutt­garter Kickers kaum spielen durfte, wech­selte er zum Ober­li­gisten TSF Dit­zingen. Und auf einmal traf er so oft, dass ihn plötz­lich die halbe Bun­des­liga ver­pflichten wollte. Sogar der FC Bayern.

Dundee ent­schied sich aller­dings für Karls­ruhe, weil dort mitt­ler­weile sein Freund Claus Reit­maier spielte, den er noch von den Kickers kannte. KSC-Trainer Winnie Schäfer freute sich natür­lich, aber er legte Dundee nahe, per­sön­lich bei Uli Hoeneß abzu­sagen. Der Bayern-Manager soll außer sich gewesen sein. Auch wenn du 75 Tore schießt, wirst du nie wieder ein Angebot für uns bekommen!“, sagte er.

Sean Dundee nahm’s locker und ant­wor­tete mit einem Dop­pel­pack beim Aus­wärts­spiel in Mün­chen. Der KSC fegte die Bayern 4:1 aus dem eigenen Sta­dion. Und auch in anderen Spielen traf Dundee nach Belieben, 16 Tore in der ersten Bun­des­li­ga­saison, 17 in der zweiten. In jenen Jahren war Dundee so beliebt wie Mehmet Scholl und David Beckham zusammen. Klar, auch das nur bei­nahe, aber immerhin hatte er den besten Spitz­namen von allen: Kro­kodil, wegen Cro­co­dile Dundee. Er war ein leicht­fü­ßiger und tor­hung­riger Kicker, ein Pos­terboy, der die Bravo“ und die Kin­der­zimmer eroberte. Er war das Gegen­teil des bie­deren deut­schen Beam­ten­fuß­bal­lers. 

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